1 10 www.bucher-partner.com | September 2023 Auf ein Wort Wir freuen uns, Ihnen den zweiten Online-News- letter von inside legal zu präsentieren. Auf der ebenso neu gestalteten Homepage, www.bucher-partner.com, ist dieser Newslet- ter und auch die Vorherigen jederzeit für Sie ab- rufbar. Der Sommer 2023 geht zu Ende. Ein juristi- sches Sommerloch war weder bei den Gerich- ten noch bei der Legislative festzustellen. Ei- nige Highlights daraus präsentieren wir Ihnen im neuen inside legal und wünschen Ihnen viel Lese vergnügen. Mit den besten Grüßen Joachim Bucher Inhalt dieser Ausgabe Virtuelle Gesellschafterversammlungen 2 Nichtbenützung einer Marke und ihre Folgen 4 Neuregelung der Maklerprovision„Makler- provision nach dem Erstauftrag geberprinzip“ 5 Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit („EU-Lieferkettengesetz“) 6 News aus Europa 8 • Vorzeitige Rückzahlung - Verbraucherkredit • EU Anti-Doping-Behörde / DSGVO • Verbraucherrechtlicher Widerruf nach Vertrags- erfüllung Entscheidungen des OGH 9 • Zur Abberufung von Organmitgliedern einer Privatstiftung • Zum Ausschluss eines Vorstandsmitglieds eines Vereins • Gewährleistungsverzicht beim Wohnungskauf? • COFAG-Beihilfen sind nicht unpfändbar Was sich noch ereignet hat ... 10 • Ferialpraktikantin Anna Bieche Newsticker 10 inside legal Der Newsletter von bucher | partner RECHTSANWÄLTE www.bucher-partner.com September 20232 10 www.bucher-partner.com | September 2023 Virtuelle Gesellschafterversammlungen Der österreichische Gesetzgeber hat das „Virtuelle Gesellschafterversammlungen- Gesetz“ (VirtGesG) verabschiedet. Das VirtGesG ist rückwirkend mit 14.07.2023 in Kraft getreten. Im Unterschied zum Covid-19-GesG sollen derartige Gesellschafterversamm- lungen nur zulässig sein, wenn dies in der Satzung bzw. im Gesellschaftsvertrag vorge- sehen ist. Hintergrund dieser gesellschaftsrechtlichen Entwicklung ist die Covid-19-Pandemie. Vor diesem Ereignis waren sowohl die Generalversammlung der GmbH als auch die Hauptversammlung in einer Aktiengesellschaft als Präsenzveranstaltung konzipiert. Dies gilt auch für Genossenschaften und Vereine. Für Personengesellschaften war eine gesetzliche Regelung nicht notwendig, weil dort die Formen der Einberufung und Abhaltung von Ge- sellschafterversammlungen nicht geregelt sind und die Gesellschafter dies im Gesellschaftsvertrag oder ad hoc regeln können. Voraussetzungen: Voraussetzung für die rechtsgültige Anwendung einer virtuellen Gesellschafterversammlung ist die Regelung einer derartigen in der Satzung bzw. dem Statut (Gesellschaftsvertrag). Im Gesellschaftsvertrag kann zwi- schen „hybriden Versammlungen“ und „reinen virtuellen Versammlungen“ unterschieden werden. Eine „hyb- ride Versammlung“ ist jene, an denen einige Gesellschafter physisch an einem Ort zusammenkommen und andere sich zur virtuellen Teilnahme entscheiden (§ 4 VirtGesG). inside legal Gesellschaftsrecht3 10 www.bucher-partner.com | September 2023 Bei der rein virtuellen Versammlung ist keine physische Präsenz an einem bestimmten Ort gegeben. Man unterscheidet zwischen der einfachen virtuellen Versammlung (§ 2 VirtGesG) und der moderierten virtuellen Versammlung (§ 4 VirtGesG). Fehlt eine diesbezügliche Regelung können keine virtuellen Gesellschafterver- sammlungen nach dem VirtGesG abgehalten werden. Zur Feststellung der Identität eines Teilnehmers – sofern es Anlass zu Zweifeln gibt – hat die Gesellschaft geeignete Prüfinstrumente zu installieren. Eine Identitätsprüfung kann etwa durch das Halten eines Lichtbild- ausweises in die Kamera erfolgen. Dafür zuständig ist der Versammlungsleiter bzw. der Vorsitzende der Ge- sellschafterversammlung. Kommt es zu technischen Gebrechen, so hat der Gesetzgeber eine sogenannte „Risikoallokation“ vorgese- hen. Wenn es beim Einsatz technischer Kommunikationsmittel auf Seiten der Gesellschaft zu technischen Gebrechen kommt, werden diese ihrer Sphäre zugerechnet. Ein – trotz technischer Gebrechen – gefasster Gesellschafterbeschluss kann aus diesem Grunde angefochten werden. Sind die technischen Probleme je- doch in der Sphäre eines Gesellschafters gegeben, ist eine rechtsgültige Beschlussanfechtung nur nach den allgemeinen Regeln möglich. Die sogenannten moderierten virtuellen Versammlungen sind konzipiert für eine größere Anzahl von Teilneh- mern. In dieser moderierten virtuellen Versammlung ist es nicht möglich, dass Teilnehmer sich unmittelbar zu Wort melden oder abstimmen. Es muss dafür Vorsorge getroffen sein, dass sich die Teilnehmer während der Versammlung im Wege einer elektronischen Kommunikation zu Wort melden können und kann dann vom Versammlungsleiter eine Redemöglichkeit im Wege der technischen Einrichtungen vorgesehen werden. Regelungen im Gesellschaftsvertrag Derzeit sehen wenige Gesellschaftsverträge die Möglichkeit der Abhaltung einer virtuellen Mitgliederver- sammlung vor. Zu Covid-19-Zeiten haben viele Gesellschaften auf Basis des Covid-19-GesG virtuelle Ver- sammlungen abgehalten. Eine satzungsgemäße Verankerung war nicht notwendig. Änderungen bestehender Gesellschaftsverträge dahingehend, dass das VirtGesG anwendbar ist, bedürfen der satzungsgebenden Mehrheit, d.h. jener Mehrheit, die vorgesehen ist, dass der Gesellschaftsvertrag geän- dert werden kann (§ 50 GmbHG, § 146 AktG). Der Einberufungsmodus wird jenem der physischen Gesellschafterversammlung anzupassen sein. Es ist sinnvoll, zu überlegen, ob virtuelle Gesellschafterversammlungen nur in eingeschränktem Umfang zugelas- sen werden bzw. nur bei Vorliegen gewisser Voraussetzungen. Es wird die Meinung vertreten, dass gerade in kleinen oder überschaubaren Gesellschafterkreisen virtuelle Gesellschafterversammlungen nicht generell gestattet sein sollen, sondern auf hybride Versammlungen be- schränkt werden. Damit wird die Gefahr vereitelt, dass Minderheitsgesellschafter durch technische Tricks aus der Gesellschafterversammlung ausgeschlossen werden bzw. in entscheidenden Momenten an einer Be- schlussfassung aus technischen Gründen nicht teilnehmen können. | Dr. Joachim Bucher Tipp: bucher | partner Rechtsanwälte sind im Unternehmensrecht und Gesellschaftsrecht spezialisiert. Wenn Sie Fragen zum VirtGesG haben und/oder ihren Gesellschaftsvertrag/ihre Satzung entsprechend anpassen wollen, stehen wir gerne zur Verfügung. Gesellschaftsrecht inside legal4 10 www.bucher-partner.com | September 2023 Nichtbenützung einer Marke und ihre Folgen Marken üben Kennzeichnungsfunktion aus, indem sie Waren und Dienstleistungen eines Unternehmers individualisieren und damit von anderen Waren und Leistungen unter- scheiden. Als Inhaber einer eingetragenen Marke verfügt man über das ausschließliche Nutzungsrecht. Um die uferlose Anmeldung von Marken durch einzelne In- haber, die diese im geschäftlichen Verkehr gar nicht verwenden, die Konkurrenz aber an der Nutzung einer solchen Marke hindern wollen, hintanzuhal- ten, sieht das Markenschutzgesetz für jedermann grundsätzlich die Möglichkeit vor, die Löschung ei- ner Marke zu beantragen, soweit diese für einzelne Waren und Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, innerhalb der letzten fünf Jahre weder vom Inha- ber noch von einem Lizenznehmer ernsthaft kenn- zeichenmäßig benutzt wurde. Nach der Rechtsprechung sind an die „Benutzung“ jedoch keine allzu hohen Anforderungen zu stellen, wel- cher Umstand am „Markenmarkt“ immer wieder genutzt wurde und wird. Der Oberste Gerichtshof (OGH 31.01.2023, 4 Ob 206/22f) hatte kürzlich über einen Löschungsantrag zu entscheiden, der sich auf eine eben solche Nichtbenutzung stützte und sprach aus, dass eine ernsthafte Nutzung nur gegeben sei, wenn die Mar- ke in Entsprechung ihrer Hauptfunktion, die Ursprungsidentität einer Ware oder Dienstleistung zu garantieren, verwendet wird. Eine Marke muss somit nach wohl richtiger Ansicht des Höchstgerichtes als Herkunftsnachweis für ein da- mit beworbenes Produkt verwendet werden, um so für die Waren und Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu schaffen bzw. zu vergrößern. Eine bloß symbolische Verwendung, die allein der Wahrung der Markenrechte dient, ist hingegen nicht ausreichend. Es ist daher in jedem Einzelfall zu prüfen, ob und wie eine Marke im be- treffenden Wirtschaftszweig verwendet wird, in welchem Umfang und in welcher Häufigkeit. Im gegenständlichen Fall verwendete die Markeninhaberin, die in Österreich registrierte Marke ausschließ- lich auf ihrer Website, die das Tätigkeitsfeld des Unternehmens im Ausland beschrieb. Eine nennenswerte inländische betriebliche Tätigkeit bzw. einen mehr als marginalen Werbeeffekt im Inland konnte der Oberste Gerichtshof nicht feststellen. Darüber hinaus entsprachen die eingetragenen Schutzklassen weitestgehend nicht der tatsächlichen geschäftlichen Tätigkeit. Im Hinblick auf diese Feststellungen und unter Hinweis darauf, dass die Verwendung einer Marke als Gesell- schaftsbezeichnung bzw. Firmenzeichen alleine den hauptsächlichen Zweck einer Marke nicht erfüllt, gab der Oberste Gerichtshof dem Antrag auf Löschung statt bzw. bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung. | Martin Schiestl Tipp: bucher | partner Rechtsanwälte empfehlen daher die Ausgestaltung einer Marke und deren angedachte Verwendung im geschäftlichen Verkehr umfassend auszuarbeiten, um späteren erfolgreichen Löschungs- begehren und den damit verbundenen (frustrierten) Kosten entgegenzuwirken. inside legal Markenrecht5 10 www.bucher-partner.com | September 2023 Neuregelung der Maklerprovision „Maklerprovision nach dem Erstauftrag- geberprinzip“ Das Erstauftraggeberprinzip, auch Bestellerprinzip genannt, gilt lediglich für ab dem 1. Juli 2023 mit dem Immobilienmakler geschlossene Verträge über die Vermittlung von Mietverträgen über eine Wohnung. Das Erstauftraggeberprinzip gilt nicht für die Ver- mittlung von Mietverträgen über Geschäftsräumlichkeiten sowie für Kaufverträge über Immobilien. Mit dem Maklergesetz-Änderungsgesetz (MaklerG-ÄG), das am 1.7.2023 in Kraft getreten ist, wird in § 17a Maklergesetz (MaklerG) das Bestellerprinzip bzw. Erstauftraggeberprinzip umgesetzt. Demzufolge ist die Provision des Immobilienmaklers künftig nur von demjenigen Vertragsteil zu bezahlen, der den Immobilien- makler als erster Auftraggeber mit der Vermittlung eines Wohnungsmietvertrages beauftragt hat (§ 17a Abs 2 MaklerG). Zudem kann der Immobilienmakler mit einem Wohnungssuchenden trotz Erstauftraggeberschaft keine Provi- sion vereinbaren, wenn zwischen dem Vermieter bzw. Verwalter und dem Immobilienmakler eine Beteiligung, eine organschaftliche Verflechtung oder andere maßgebliche Einflussmöglichkeit besteht (§ 17a Abs 3 Z 1 MaklerG), der Vermieter bzw. der Verwalter vom Abschluss eines Maklervertrages abgesehen hat, um den Mieter provisionspflichtig zu machen (§ 17a Abs 3 Z 2 MaklerG) oder der Immobilienmakler eine zu vermieten- de Wohnung mit Einverständnis des Vermieters insieriert oder zumindest für einen eingeschränkten Interes- sentenkreis auf andere Weise bewirbt (§ 17a Abs 3 Z 3 MaklerG). § 17a Abs 4 MaklerG zufolge treffen den Immobilienmakler umfassende Dokumentationspflichten dahin- gehend, dass dieser jeden Maklervertrag schriftlich unter Anführung des Datums des Vertrages auf einem dauerhaft verfügbaren Datenträger festzuhalten hat. Weiters muss er bei Geltendmachung des Provisionsan- spruches dem Mieter darlegen, dass kein Fall des § 17 Abs 1 oder des Abs 3 MaklerG vorliegt. Gemäß § 17a Abs 6 MaklerG gelten die neuen Regelungen nicht für die Vermittlung von Wohnungsmietverträgen, die von Dienstgebern als Mieter geschlossen werden, um Dienstnehmern eine Dienst-, Natural- oder Werkswohnung zur Verfügung zu stellen. Zur Verhinderung von Umgehungsgeschäften normiert § 17a Abs 5 MaklerG, dass eine Vereinbarung unwirk- sam ist, soweit sie den Mieter zu einer Provision oder sonstigen Leistung an den nicht provisionsberechtig- ten Immobilienmakler bzw. den Vermieter verpflichtet oder zu einer sonstigen Leistung ohne gleichwertige Gegenleistung an den früheren Mieter oder an einen sonstigen Dritten. Zur Absicherung dieser Neuregelung ist in § 17a Abs 7 eine Verwaltungsstrafbestimmung normiert, die sich an Immobilienmakler, Vermieter, frühere Mieter und sonstige Dritte richtet. Das Erstauftraggeberprinzip be- trifft nur die Provisionsvereinbarung, nicht jedoch die Doppeltätigkeit des Maklers an sich. | Sandra Lenzhofer Tipp: bucher I partner Rechtsanwälte sind im Mietrecht spezialisiert. Wenn Sie Fragen zur Maklerprovision oder zum Erstauftraggeberprinzip haben, stehen wir gerne für Sie zur Verfügung und beraten Sie auf höchstem Niveau. Mietrecht inside legal6 10 www.bucher-partner.com | September 2023 inside legal EU-Recht Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit („EU-Lieferkettengesetz“) Das Europäische Parlament hat am 1. Juni diesen Jahres dem Richtlinien-Entwurf der Kommission für die Implementierung von Sorgfaltspflichten im Bereich der Menschen- rechte und Umwelt zugestimmt. In der von der Kommission am 23. Februar 2023 veröffentlichten Richtlinie geht es um die Ermittlung, Verhin- derung, Beendigung und Abmilderung von Verstößen gegen Umweltstandards und Menschenrechte, die unter der Zielsetzung der Gewinnmaximierung von den Unternehmen hingenommen werden. Als Beispiele sind hier Umweltverschmutzung, Verlust der Biodiversität, Kinderarbeit oder Sklaverei zu nennen. Man will den Weg zu einer nachhaltigen, fairen Wirtschaft beschreiten. Die Notwendigkeit einer solchen Gesetzgebung ergibt sich aus mehreren Umständen. Zum einen ist die Richt- linie ein weiterer Schritt in Richtung der Umsetzung des European Green Deals und der Verwirklichung der 17 Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung. Ein weiterer Grund liegt in der zunehmenden na- tionalen Zersplitterung der Rechtslage in diesem Bereich. Bisher haben Frankreich und Deutschland Rechts- vorschriften zur Sorgfaltspflicht eingeführt und in einigen anderen Mitgliedstaaten soll dies in naher Zukunft geschehen. Wenn man nun den Anwendungsbereich der Richtlinie betrachtet, so ist zu erwähnen, dass durch die diver- sen Änderungen, die das Europäische Parlament am Richtlinien-Entwurf der Kommission vorgenommen hat, nun wesentlich mehr Unternehmen hineinfallen als ursprünglich angedacht. Der Gesetzesentwurf richtet sich jetzt an drei verschiedene Kategorien von Unternehmen: • In der EU ansässige Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten und einem weltweiten Umsatz von über 40 Millionen Euro • Muttergesellschaften mit mehr als 500 Beschäftigten und einem weltweiten Umsatz von mehr als 150 Mil- lionen Euro • Nicht-EU Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 150 Millionen Euro, von denen 40 Millionen Euro in der EU erwirtschaftet werden Nicht irrelevant ist in diesem Zusammenhang auch, dass kleine und mittelgroße Unternehmen (KMU), die den größten Teil, der österreichischen Unternehmen ausmachen, zwar nicht direkt von der Richtlinie erfasst wer- den, aber nicht an ihren Verpflichtungen vorbeikommen werden. So wird auch ihnen indirekt, wenn sie zum Beispiel Lieferanten eines erfassten Unternehmens sind, die Pflicht zur Prüfung und Überwachung ihrer Lie- ferkette auferlegt werden. Damit dies für die KMU realistisch bleibt, sollen sie Unterstützung durch spezielle Websites, Portale und Plattformen, sowie auch finanzielle Unterstützung von den Mitgliedstaaten bekommen, um ihnen beim Aufbau von Kapazitäten unter die Arme zu greifen. Von den Unternehmen wird nun allgemein gefordert die genannten Sorgfaltspflichten in ihre Unternehmens- politik zu integrieren, negative Auswirkungen auf Menschenrechte oder die Umwelt zu identifizieren, zu ver- meiden und zu mindern. Die spezifischen Anforderungen an die Unternehmen werden in den Art. 5-11 der 7 10 www.bucher-partner.com | September 2023 EU-Recht inside legal Richtlinie festgelegt, die unter anderem die Entwicklung und Umsetzung eines Präventionsaktionsplans, die Festlegung vertraglicher Zusicherungen der Geschäftspartner zur Einhaltung von Verhaltenskodizes, die Tä- tigung notwendiger Investitionen sowie die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen, ebenso wie die Mel- dung bei der relevanten Aufsichtsbehörde anführen. Weiters sollen die Unternehmen ihre Lieferketten, die eigenen Aktivitäten im Unternehmen, sowie die ihrer Partner in der Wertschöpfungskette überwachen. Die Besonderheit der Richtlinie liegt hierbei darin, dass unter Partner nicht nur die Zulieferer, sondern vielmehr auch solche bei Verkauf, Vertrieb, Transport, Lager, Abfallbewirtschaftung und noch weiteren Bereichen verstanden werden. Zuständig für die Umsetzung und Überwachung der geforderten Maßnahmen ist die Geschäftsleitung, für die sich somit die Geschäftsführer- haftung ausweitet. Die betroffenen Unternehmen machen sich bei Nichteinhaltung der Anforderungen schadenersatzpflichtig und ihnen drohen auch Sanktionen durch nationale Aufsichtsbehörden. Dazu gehören unter anderem Geld- strafen von bis zu 5% des weltweiten Nettoumsatzes, die Rücknahme der Waren vom Markt, sowie nament- liche Anprangerung, die natürlich der Reputation eines Unternehmens enorm schadet. Für nicht in der EU ansässige Unternehmen, die unter die Richtlinie fallen, droht ein Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Auf- träge in der Union. Wie immer, wenn es um die Vereinbarung von Wirtschaft und Nachhaltigkeit geht, ist auch beim neuen EU- Lieferkettengesetz dessen Vereinbarung mit der europäischen Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität der EU als Wirtschaftsstandort ein nicht außer Acht zu lassender Aspekt. Nachdem das Europäische Parlament, den vom Rechtsausschuss (JURI) mit Änderungen versehenen Kom- missionsentwurf im Plenum zugestimmt hat, ist nun der Weg in den Rat der Europäische Union geebnet und sollte dieser dem Text ebenfalls zustimmen, gilt die Richtlinie als erlassen und die nationalen Gesetzgeber müssen sie innerhalb einer festgelegten Frist in nationales Recht umsetzen. | Anna Bieche8 10 www.bucher-partner.com | September 2023 News aus Europa News aus Europa Vorzeitige Rückzahlung - Verbraucherkredit Der EuGH hat sich mit der Frage zu beschäftigen, wie sich nach einer vorzeitigen Rückzahlung eines Verbraucherkredites die Ermäßigung der Gesamt- kosten, somit auch hinsichtlich Zinsen und Bear- beitungskosten, errechnet. Ausgangslage war ein Vorabersuchen des Österreichischen VKI (Verein für Konsumenteninformation). Dem EuGH wurde die Frage vorgelegt, ob das Recht des Verbrau- chers auf Ermäßigung der Gesamtkosten des Kre- dites bei einer vorzeitigen Rückzahlung nur die Zin- sen und die laufzeitabhängigen Kosten umfasst oder die sogenannten Gesamtkosten des Kredites gemeint sind, dazu gehören etwa die Notargebüh- ren, die Kosten für die Eintragung der Eigentums- übertragung und die Kosten für die Eintragung ei- ner pfandrechtlichen Hypothek. Der EuGH hat entschieden, dass dem Recht des Einzelstaates, die Gesamtkosten des Kredites da- hingehend auszulegen, dass sie bei vorzeitiger Rückzahlung des Kredites nur die Zinsen und die laufzeitabhängigen Kosten umfassen, nichts ent- gegenzusetzen ist (EuGH 9.2.2023, C-555/21). EU Anti-Doping- Behörde / DSGVO Hintergrund der anstehenden Entscheidung ist eine positive Dopingkontrolle einer Österreichi- schen Profisportlerin. Die unabhängige Doping- kontrolleinrichtung (NADA) veröffentlichte im Be- zug auf die Sportlerin ihren Namen, die jeweiligen Verstöße gegen die Anti-Doping-Regeln und den Zeitraum der Sperre. Die Sportlerin beantragte eine Überprüfung des Beschlusses dahingehend, ob ein derartiges Vorgehen im Internet mit der DSGVO (Datenschutzgrundverordnung) vereinbar ist. Die Generalanwältin hat in den Schlussanträgen festgehalten, dass die Anti-Doping-Politik keine unionsrechtliche Materie der Mitgliedsstaaten be- träfe und daher auch nicht in den Anwendungsbe- reich der DSGVO falle. Sie vertritt weiters die Mei- nung, dass alternativ gesehen, im Einzelfall eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen ist und es durchaus im Sinne einer modernen Gesellschaft für die Präventivwirkung zulässig sein sollte, dass derartige Daten im Internet veröffentlicht werden. Die Schlussanträge sind für den Gerichtshof nicht bindend. Es bleibt abzuwarten, wie der EuGH ent- scheidet (Rechtssache C-115/22). Verbraucherrechtlicher Widerruf nach Vertragserfüllung Steht dem Verbraucher nach den einschlägigen rechtlichen Bestimmungen ein Widerrufsrecht/ Rücktrittsrecht eines abgeschlossenen Verbrau- ches zu, hat jedoch der Unternehmer die notwen- digen Widerrufs-/Rücktrittsinformationen nicht an den Verbraucher übermittelt, stellt sich die Frage, was passiert, wenn der Vertrag erfüllt wurde und der Verbraucher sein Widerrufsrecht/Rücktritts- recht nach Erfüllung dieses Vertrages ausgeübt hat. Der EuGH stellt fest, dass wenn ein Unternehmer bei vorliegender Voraussetzung es unterlässt den Verbraucher über das Widerrufsrecht/Rücktritts- recht aufzuklären und die entsprechenden Infor- mationen zu übermitteln, er den Preis für die bis zum Widerruf/Rücktritt erbrachten Dienstleistun- gen zu bezahlen hat. Dass dadurch der Verbrau- cher durch einen möglichen Vermögenszuwachs ungerechtfertigt bereichert sein kann, nimmt der EuGH damit in Kauf und hält fest, dass ein Ver- braucher von jeder Verpflichtung zur Vergütung von Leistungen befreit ist, die von einem Unter- nehmer erbracht wurden, wenn die Widerrufs- und Rücktrittsbelehrungen nicht stattgefunden haben und die entsprechenden Widerrufs- und Rück- trittsformulare nicht ausgefolgt wurden. (EuGH 17.05.2023 C-27/22) | Sandra Lenzhofer inside legal Europa9 10 www.bucher-partner.com | September 2023 Entscheidungen des OGH Zur Abberufung von Organmitgliedern einer Privatstiftung In der Entscheidung 6 Ob 196/22z vom 28.6.2023 hat der OGH entschieden, dass nur Personen an- tragslegitimiert sind, denen ein rechtliches Interes- se zukommt; dazu zählen (ua) aktuell Begünstigte, denen ein rechtliches Interesse (auch) am Vorhan- densein vollständiger Stiftungsorgane zuzuerken- nen ist, ohne dass ihnen zusätzlich ein klagbarer Anspruch auf Zuwendungen oder sonstige Ein- fluss- oder Gestaltungsrechte auf die Privatstif- tung zukommen müsste. Zum Ausschluss eines Vorstandsmitglieds eines Vereins In der Entscheidung 2 Ob 25/23z vom 16.05.2023 hat der OGH entschieden, dass der an sich für den Ausschluss von Vereinsmitgliedern zuständige Vereinsvorstand ein Organmitglied als Vereinsmit- glied so lange nicht ausschließen kann, als nicht die Mitgliederversammlung das Organmitglied aus dieser Stellung abberufen hat, wenn die Vereins- statuten vorsehen, dass die von der Mitgliederver- sammlung zu bestellenden und abzuberufenden Organmitglieder Vereinsmitglieder sein müssen. In dieser Entscheidung nimmt der OGH zudem Klar- stellungen zu den Aufgabenbereichen der einzel- nen Organe eines Vereins. Gewährleistungsverzicht beim Wohnungskauf? In der Entscheidung 1 Ob 79/23h vom 23.05.2023 befasste sich der OGH mit der Tragweite eines ver- traglichen Gewährleistungsverzichtes im Hinblick auf „geheime Baumängel“. Laut OGH ist die Ge- währleistung für einen bei der Besichtigung nicht erkennbaren Mangel nicht ausgeschlossen und ist ein vertraglicher Gewährleistungsverzicht nach Absicht der Parteien und der Übung des redlichen Verkehrs im Zweifel einschränkend auszulegen. COFAG-Beihilfen sind nicht unpfändbar Der OGH hat in einer jüngeren Entscheidung ent- schieden, dass Ansprüche auf Beihilfen (Fixkosten, Ausfallbonus) gegenüber der Finanzierungsagen- tur des Bundes GmbH (Cofag) nicht unpfändbar sind. Dies ist bemerkenswert, weil es bei den Zahlungen um Hilfsleistungen geht, die durchaus nach § 290 EO für unpfändbar erklärt hätten werden können, wie etwa auch Kinderbetreuungsgeld, Beihilfen, Stipendien etc. (OGH 3 Ob 42/23g, 19.04.2023). | Sandra Lenzhofer Oberster Gerichtshof inside legal10 10 www.bucher-partner.com | September 2023 Was sich noch ereignet hat ... Wir haben unsere Homepage, www.bucher-partner.com, einem Relaunch unterzogen. Wir bedanken uns für die Zu- sammenarbeit mit der Web- und Werbeagentur Designation (www. designation.at). Wir freuen uns, wenn Sie einen Blick auf die neue Homepage werfen. Ferialpraktikantin Anna Bieche Wie jedes Jahr, haben wir auch in diesem Jahr dem juristischen Nachwuchs Gelegenheit gege- ben, einige Zeit in unserer Kanzlei mitzuarbeiten. Unsere heurige Praktikantin, Anna Bieche, hat uns 3 Wochen lang im Sommer begleitet und unter- stützt. Wir bedanken uns auch auf diesem Wege für die großartige Zusammenarbeit und für den Artikel, den sie zum neuen inside legal beigesteuert hat. Wir wünschen Anna Bieche auf diesem Wege wei- terhin viel Erfolg. Newsticker Joachim Bucher wird zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der IM ADD Values AG bestellt (LG Klagenfurt, GZ 40S 51 /23 z). | bucher I partner RECHTSANWÄLTE werden mit der Erstellung der Legal Compliance für Gewerbe- und Industrieunternehmen beauftragt. | Sandra Lenzhofer begleitet ein Kaffee- röstunternehmen beim Verkauf. | Martin Schiestl vertritt eine Kärntner Gemeinde in arbeitsrechtlichen An- gelegenheiten. | Joachim Bucher betreut die PV-Invest Gruppe bei der Expansion In Italien. IMPRESSUM: Medieninhaber, Herausgeber und Verleger: Bucher & Partner GmbH, Italiener Straße 13, 9500 Villach, Telefon +43 4242 29992, www.bucher-partner.com, E-Mail office@bucher-partner.com • Für den Inhalt verantwortlich: Bucher & Partner GmbH • Fotos: Simone Attisani (1), depositphotos (3), KK • Konzept und Gestaltung: designation – Strategie | Kommunikation | Design, www.designation.at • Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde bei Personen nicht durchgängig die männliche und die weibliche Form angeführt. Gemeint sind selbstverständlich stets beide Geschlechter. Namentlich ge kenn zeichnete Beiträge geben die Meinung der Autoren wieder. „inside legal“ wurde mit der gebotenen Sorgfalt gestaltet. Trotzdem können Satz- und Druckfehler bzw. Än derungen nicht ausgeschlossen werden. Der Herausgeber kann für allfällige Fehler keine Haftung übernehmen. Sämtliche Rechte vorbehalten. Alle Angaben Stand September 2023. inside legal internesNext >